Altersarmut bei Frauen – ist arm sein weiblich?

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Zum 1. Juli erhielten 21 Millionen Renter:innen eine Rentenerhöhung. Prozentual stiegen die Bezüge in Westdeutschland um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent. Heißt das nun, dass nun auch Frauen weniger von Altersarmut betroffen sind? Die Inflation kann damit nicht schon einmal nicht ausgehebelt werden, da die Bezüge weit unter der derzeitigen Rate von 7,9 % (Stand August 2022) liegen.

Die Freude währt also kurz. 2020 lag die durchschnittliche Altersrente bei Frauen bei 800,28 Euro, bei Männern bei 1227, 39 Euro. Beide Bezüge reichen nicht aus, um vor Altersarmut zu bewahren. Arm sein im Alter ist also nicht nur weiblich?

 

Arm sein ist weiblich? Warum Frauen mehr von Altersarmut betroffen sind

 

Immerhin betrug die durchschnittliche Rentenlücke zwischen Frauen und Männern mehr als 300 Euro. Aber, warum eigentlich? Und musst du dabei untätig zusehen? Damit du verstehst, wie die Rentenkluft entsteht und was du selbst dagegen tun kannst, erklären wir dir mehrere Faktoren.

Der Gender-Pension-Gap, die Hauptursache für Altersarmut bei Frauen

Unser Ziel ist es, dass du lernst, selbst aktiv zu werden und der Rentenlücke entgegenwirkst. Dafür solltest du das Problem “Altersarmut ist weiblich” verstehen. Das geht nach unserer Meinung am besten, wenn wir dir die nackten Zahlen präsentieren.

Eine Kennzahl, die uns wichtige Daten liefert, ist der Gender-Pension-Gap. Durch ihn wird die geschlechtsspezifische Rentenlücke in Prozentzahlen sichtbar. 

Das heißt, von der Rentenlücke in Deutschland sind alle Frauen betroffen? Es gibt bestimmte Gruppen, deren Risiko im Alter arm zu sein, höher ist als bei anderen. Allen voran Single-Frauen. Diese sind um über 25% eher vom Gender-Pension-Gap bedroht, der eine der Hauptursachen für Altersarmut bei Frauen ist. Bei geschiedenen Frauen liegt das Risiko bei 16%, bei Witwen bei 14% und bei verheirateten Frauen bei 4,5%. Das Gesamtrisiko als Frau in Altersarmut ist bei 20,4 %. 

Gender-Pension-Gap ist nirgendwo so hoch wie in Deutschland

Diese Zahlen sind alarmierend, wenn man bedenkt, dass wir uns in einem Sozialstaat befinden. Laut einer OECD Studie ist der Gender-Pension-Gap nirgendwo in Europa so hoch wie in Deutschland. Die Unterschiede geschlechtsspezifischer Bezahlung machen sich erst so richtig über einen langen Zeitraum bemerkbar. Daher ist der Gender-Pension-Gap noch größer als der allgemeine Gender-Pay-Gap (18% in Deutschland). 

Wie kann das sein? Warum ist er gerade in Deutschland so hoch und z.B. in Estland nur bei 5%? Das liegt daran, dass die Rente in Ländern mit kleiner Lücke insgesamt niedriger ausfällt. So gibt es auch in einem wohlhabenden Land wie Luxemburg einen Unterschied von 40% (Stand 2020).

In Westdeutschland ist der Gender-Pension-Gap höher als in Ostdeutschland. Das ist der traditionellen Rollenverteilung, bei der die Frau sich um Haushalt und Familie kümmert, geschuldet. Im Westen hielt man daran länger fest. 

Und was ist mit Alleinstehenden? Seit 2015 ist die Anzahl der Single-Frauen, die im Alter auf Grundsicherung (ALG II bzw. Hartz IV) angewiesen sind, nachweislich gestiegen. Prognosen zeigen, dass sich diese Zahl bis 2036 fast verdoppeln, also 28% der alleinstehenden Frauen betreffen wird. Eine der Ursachen ist, dass die gesetzliche Rente bis 2030 um voraussichtlich 16% abnimmt (Inflation eingerechnet). Aber es gibt noch andere Probleme.

Der Gender-Pension-Gap ist das Ergebnis zunehmender Ungleichheit, denen Frauen im Laufe ihres Lebens und unterschiedlichen ökonomischem, sozialen und kulturellen Bereichen ausgesetzt sind.

 

Gründe für Altersarmut bei Frauen

 

Um dich vor Altersarmut zu schützen, musst du als erstes die Gründe erkennen.

Grund 1:  Einer der wichtigsten Punkte ist die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen (Gender-Pay-Gap). Nach einer Erwerbstätigkeit von 50 Jahren summiert sich die Differenz und macht den Unterschied nur noch deutlicher.

Grund 2:  Nicht nur die Arbeitszeit in einer bezahlten Position ist ausschlaggebend. Unbezahlte Arbeit ist auch eine Ursache für den Gender-Pension-Gap. Noch immer werden Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen nicht mit einberechnet, wenn es an den Rentenbescheid geht. Die Zahlen sprechen für sich – Frauen zwischen 18 und 64 Jahren übernehmen 2,4-mal so viel Zeit für unbezahlte Sorgearbeit und 1,6-mal so viel Hausarbeit wie Männer. 

Grund 3: Ganz banal – die Lebenserwartung von Frauen ist um fünf bis acht Jahre höher als bei Männern. Das ist ein halbes Jahrzehnt mehr Ausgaben für Miete, Kleidung, Nahrungsmittel, Nebenkosten, Urlaube, medizinische Versorgung, und und und. Frauen müssen also mit weniger Geld deutlich länger haushalten als Männer.

Grund 4: Trotzdem kümmern sich Frauen tendenziell seltener um die private Absicherung durch z.B. Investitionen. Da wir nicht ausschließlich auf die staatliche Rente können, müssen wir uns selbst um uns kümmern. 

Grund 5: Unsere Rentensysteme sind immer noch auf das traditionelle Familienmodell ausgelegt. Der Mann ist der Versorger und die Frau verantwortlich für die Kinder. Das Einkommen verheirateter Paare wird als eines wahrgenommen. War der Ehemann also lange berufstätig und verdiente gutes Geld, so wird die Ehegattin trotz kleiner Rente nicht als “arm” verstanden. Was ist, wenn die Frau sich scheiden lassen will? Ja, wir befinden uns im Jahr 2022. 

Grund 6: Dieser wird häufig ausgeklammert: Die Finanzkrise von 2008 hat die europäischen Rentensysteme nachhaltig beeinträchtigt. Der Druck auf öffentliche Ausgaben hat viele Regierungen dazu veranlasst, das Rentenalter anzuheben und gleichzeitig die Rentenbezüge zu kürzen. Nicht selten hatte das dramatische Auswirkungen auf das Wohlergehen der Bürger:innen. Während die Renten sinken, steigt die Armut. Besonders die Altersarmut bei Frauen.

Irene Götz (Professorin für Europäische Ethnologie und Empirische Kulturwissenschaften) plädiert für eine strukturelle Frühaufklärung in puncto Altersabsicherung – als Teil des Lehrplans in der Schule. Frauen müssten so früh wie möglich Bescheid wissen, damit sie rechtzeitig handeln können.

Das heißt, es ist natürlich Aufgabe der Politik, den Gender-Pay-Gap auszugleichen. Wir können zwar annehmen, dass Länder ihre Rentensysteme realistische Lebenswelten von Frauen anpassen werden. Das ist aber ein sehr gemächlicher Prozess. Selbst in Ländern, in denen der Gender-Pay-Gap reduziert wurde, bleiben viele Benachteiligungen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt bestehen.

Also was kannst du tun? Warte nicht auf die Politik, und nimm nicht nur die betriebliche Altersvorsorge in Anspruch. Erkenne die Zeichen der Zeit und werde selbst aktiv. Wir haben Tipps und helfen dir dabei.

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Wie du dem Teufelskreis Altersarmut bei Frauen entkommst

Hier gibt es 6 Tipps, die du befolgen kannst, um der Altersarmut bei Frauen entgegenzuwirken.

TIPP 1 – Sei dir deines Wertes bewusst und verbessere deine Einkommenssituation: verhandle dein Gehalt regelmäßig neu, bilde dich weiter, bewirb dich auf höhere Positionen. Sei selbstbewusst!

TIPP 2 – Denke so früh wie möglich daran, dich für die Zukunft abzusichern. Es ist nie zu spät, mit dem Sparen und Investieren zu beginnen, auch wenn natürlich gilt: Je früher, desto besser. Dein Zukunfts-Ich freut sich!

TIPP 3 – Schau deine Ausgaben an und überlege, wo verborgenes Sparpotential vorhanden ist. Gerade jetzt in Inflationszeiten! Dazu zählen z.B. Versicherungen, Strom- und Telefonanbieter. Kleinvieh macht eben auch Mist!

TIPP 4 – Setze dir konkrete Ziele. Überlege, welches Leben du im Alter führen möchtest. Was brauchst du dazu, wie kannst du die Finanzreise antreten und diese Ziele erreichen?

TIPP 5 – Verliere keine Zeit mehr und beginne noch heute. Es sind schwierige Zeiten, aber die Gefahr drohender Altersarmut bei Frauen ist genauso aktuell wie zuvor. Verzichte nicht trotz Inflation und steigender Energiepreise auf deine Altersvorsorge. Die Altersarmut wird dich vermutlich länger begleiten als die derzeitige Wirtschaftsflaute.

TIPP 6 – Auf die Frage was Götz einer 20-jährigen heute auf den Weg geben würde antwortet sie Folgendes: “Sie sollte eine Verantwortung übernehmen für sich und ihr Leben. Ich würde jeder jungen Frau raten: Kümmert euch beizeiten um euch selbst, sonst kümmert sich am Ende keiner um euch.”¹

Die Professorin an der an der Ludwig-Maximilians-Universität München hat recht. Lass es nicht darauf ankommen. Wir sind hier, um dich dabei zu unterstützen. 

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